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Schwindelerkrankungen: Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss fördert das Projekt PoiSe am LMU Klinikum

04. März 2020

Prävention, online-Feedback und interdisziplinäre Therapie akuter Schwindelerkrankungen mittels e-Health

ablauf-poise Projektablauf PoiSe. (Foto: LMU Klinikum)
  • Optimierung von Diagnostik und Therapie
  • Vermeidung von Fehldiagnosen, unnötigen Fehlzuweisungen, Untersuchungen und Therapien
  • Vermeidung einer Chronifizierung des Schwindels
  • Vorbeugung von Stürzen und der damit häufig verbundenen Krankenhausaufenthalte und Arbeitsunfähigkeit
  • Vereinfachung der Versorgungswege und Zugang des neuen Diagnosesystems für ländliche Regionen mit niedriger Facharztdichte

Schwindel zählt in Deutschland zu den häufigsten Beschwerden, die zu einem Arztbesuch führen. Obwohl viele Schwindelursachen gut erkennbar und therapierbar sind, kommt es in bis zu 40% der Fälle zu einer längeren Krankschreibung oder sogar Arbeitsunfähigkeit. Das Symptom Schwindel kann durch verschiedene Erkrankungen aus unterschiedlichen Fachbereichen verursacht werden. Das nun vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) mit rund 4,5 Millionen Euro geförderte Projekt hat das Ziel, Schwindelpatienten mit Hilfe eines multimodalen Konzepts besser zu versorgen.

Hausärzte, HNO-Ärzte, Neurologen, Internisten, Orthopäden und Psychiater sind mit dem Symptom Schwindel beschäftigt. Und genau diese große Breite an möglichen Schwindelursachen aus unterschiedlichen Fachgruppen führt sowohl beim Arzt als auch bei den Patienten zu einer starken Verunsicherung. Die Folge sind unnötige, belastende und kostspielige Diagnostikmaßnahmen (z.B. MRT und CT des Schädels und der Halswirbelsäule, spezielle Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule), vielfache Facharztkonsultationen und unwirksame Therapieversuche. Eine unzureichende Diagnosesicherheit führt zudem zu verlängerter Behandlungsdauer, häufigem Arztwechsel und Chronifizierung der Beschwerden oder sogar zum Übergang in eine Somatisierungsstörung. Es entsteht letztlich ein Teufelskreis, der manchmal erst viel zu spät erkannt wird und dann sehr schwer zu durchbrechen ist.

Daher stellt eine routinemäßige, fallbezogene Interaktion von Haus- und Fachärzten sowie Experten in der Klinik einen wesentlichen Baustein zur Optimierung der Behandlung von Schwindelerkrankungen dar, welche jedoch in der Regelversorgung so nicht vorgesehen ist.

Automatisches Mustererkennungsverfahren zur Diagnose

Ein automatisiertes digitales Diagnosesystem, Fortbildungsmodule und ein Expertennetzwerk werden die behandelnden Haus- und Fachärzte bei der Entscheidungsfindung und der Versorgung der Schwindelpatienten unterstützen. Es kommt hier u.a. ein neues videobasiertes Analysesystem zum Einsatz, welches automatisierte Mustererkennungsverfahren nutzt, um Augenbewegungen, Gang und Stand zu analysieren und einem Krankheitsbild zuzuordnen. Den Patienten wird eine auf ihr Krankheitsbild personalisierte mobile Applikation zur Verfügung gestellt, welche individuelle Informationen und Therapievorschläge liefert. Ferner überwacht ein KI-basierter intelligenter Algorithmus den Symptomverlauf und alarmiert die Patienten und den behandelnden Arzt bei unerwarteten Entwicklungen. Das dezentrale Expertennetzwerk wird die behandelnden Haus- und Fachärzte auch in ländlichen Gebieten flächendeckend unterstützen. Während der Projektlaufzeit erfolgt die Kontrolle der Diagnose und Therapie über das Deutsche Schwindel- und Gleichgewichtszentrum (DSGZ) des LMU Klinikums. Eine Übersicht zum Ablauf findet sich unter Abbildung: Ablauf PoiSe.

Ziel des Projektes ist es, die Regelversorgung von Schwindelpatienten nachhaltig zu verbessern, eine sektorenübergreifende Versorgung von Schwindelpatienten zu schaffen und das Gesundheitssystem insgesamt zu entlasten. Dies wird durch folgende Punkte erzielt:

Projektorganisation

Konsortialführer des Projekts ist das Deutsche Schwindel- und Gleichgewichtszentrum (DSGZ) des LMU Klinikums am Standort Großhadern (Antragsteller: Dr. Filipp Filippopulos, Prof. Dr. Doreen Huppert, Prof. Dr. Thomas Brandt, Prof. Dr. Eva Grill). Als Konsortialpartner ist an dem Projekt die größte bayerische Krankenkasse, die AOK Bayern mit rund 4,5 Millionen Versicherten sowie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) beteiligt. Die Evaluation und Qualitätskontrolle erfolgt extern über den Konsortialpartner, das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Das Programm wird zunächst in Bayern erprobt, kann aber als Muster für eine Ausweitung auf weitere Regionen, andere Erkrankungen und Patientengruppen dienen – insbesondere solche, bei denen eine enge und kurzfristige Zusammenarbeit von Ärzten verschiedener Fachrichtungen erforderlich ist. Teilnehmen an dem Projekt können AOK-versicherte Patienten über einen im Projekt eingeschriebenen Arzt.

Quelle: LMU