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Neuer Biomarker entdeckt

03. März 2016

Die Demenzforscher Christian Haass und Michael Ewers haben einen Marker entdeckt, der in sehr frühen Alzheimerstadien Abwehrmechanismen des Gehirns anzeigt.

Die Alzheimer-Demenz wird durch krankhafte Veränderungen im Gehirn verursacht. Es sammeln sich giftige Eiweißklumpen an, die die Nervenzellen schädigen. Dabei handelt es sich um kleine Eiweißfragmente, die sogenannten Beta-Amyloid-Peptide, die sich bereits Jahre vor dem Auftreten von Demenzsymptomen im Gehirn ablagern. Die Forscherteams von Christian Haass, Inhaber des Lehrstuhls für Stoffwechselbiochemie der LMU und Sprecher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München, und Michael Ewers, Professor am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) am Klinikum der LMU, zeigten nun erstmals, dass im Nervenwasser die Konzentration des Proteins TREM2 in einem frühen Stadium der Alzheimererkrankung deutlich erhöht ist. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Protein TREM2 eine wichtige Rolle für den Verlauf der Alzheimer- und vielleicht sogar anderer Demenzerkrankungen spielt und offenbar einen Abwehrmechanismus von Fresszellen widerspiegelt, die im Gehirn geschädigte Nervenzellen und giftige Ablagerungen, wie zum Beispiel Beta-Amyloid, entfernen“, sagt Christian Haass. Darüber berichten die Forscher aktuell in der Fachzeitschrift EMBO Molecular Medicine.

Das Gen TREM2 ist wichtig für die Funktion spezialisierter Fresszellen im Gehirn, die Mikrogliazellen genannt werden. Die Mikrogliazellen haben eine Art Wächterfunktion im Immunsystems des Gehirns und sorgen dafür, dass giftiges Material entsorgt wird. Dabei ist das Protein TREM2 entscheidend. Die Demenzforscher um Haass und Ewers haben nun erstmals eine erhöhte Konzentration des Proteins im Nervenwasser von Patientinnen und Patienten nachgewiesen, die an einem frühen Stadium von Alzheimer litten. In Patienten mit Genveränderungen, die zu einem Verlust von TREM2 führen, konnten die Forscher bereits in einer früheren Publikation zeigen, dass hier die Fresszellen Amyloid-Ablagerungen und totes Zellmaterial nicht mehr so gut entfernen können.

Biomarker bringt mehrfachen Nutzen

In ihrer Studie haben die Forscher insgesamt mehr als 400 Patientinnen und Patienten mit Alzheimererkrankung untersucht, die unterschiedlich stark fortgeschritten war, sowie eine Gruppe gesunder Personen. Unter anderem wurde ihnen Rückenmarksflüssigkeit entnommen. Die Datenanalyse ergab, dass ein Fragment des TREM2-Proteins am stärksten in der Rückenmarksflüssigkeit bei jenen Personen nachweisbar war, die nur eine leichte kognitive Beeinträchtigung hatten. Bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz war die Konzentration dagegen wieder niedriger. „Das spiegelt die Aktivität der Mikrogliazellen wider, die im Laufe der Krankheit abnimmt, wodurch vermutlich weniger Beta-Amyloid-Peptide und totes Zellmaterial abtransportiert werden“, erläutert Christian Haass. „Wir glauben, dass sich mithilfe unseres Biomarkers die Fähigkeit der Gehirnzellen beobachten lässt, giftiges Material abzubauen.“

Die Studie gibt keine abschließende Antwort, ob der erhöhte TREM2-Spiegel Ursache oder Konsequenz des Fortschreitens der Krankheit ist. Die Forscher vermuten jedoch, dass der Anstieg von TREM2 eine Reaktion der Mikrogliazellen auf erste Verletzungen von Nervenzellen im Gehirn ist. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass TREM2-Veränderungen einen frühen Krankheitsprozess in der Entwicklung der Alzheimer-Demenz widerspiegeln. Damit wird TREM2 auch aus therapeutischer Perspektive interessant“, sagt Michael Ewers.

Der neue Biomarker könnte in zukünftigen klinischen Studien die Möglichkeit bieten, die Effektivität von neuen anti-inflammatorischen Behandlungsansätzen messbar zu machen. Auch ist zu erwarten, dass mit der Messung von TREM2 im Nervenwasser ein frühes Behandlungszeitfenster festgelegt werden kann. Die LMU-Forscher schlagen vor, die Konzentration von TREM2 im Rahmen einer Längsschnittstudie zu verfolgen, bei der Patienten mit Genveränderungen, die familiären Alzheimer verursachen, über einen längeren Zeitraum kontinuierlich nach wissenschaftlichen Kriterien untersucht werden.

Quelle: Pressemitteilung LMU (Text und Bildnachweis)