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Die Liebe zur Medizin siegt über den Krieg

16. Januar 2024

Valeriia Andrieieva musste in Europa vor einem Krieg flüchten. Der russische Angriff auf die Ukraine veränderte alles. Nur nicht ihren Willen, Ärztin zu werden. Dank des Deutschlandstipendiums kann die 24-Jährige diesen an der LMU verwirklichen.

valeriia Deutschlandstipendiatin Valeriia Andrieieva studiert Medizin an der LMU (Bild: LMU/ Jan Greune)

Manchmal liegen Freude und Trauer nah beieinander. Im Winter 2021 erfuhr Valeriia Andrieieva, dass ihr langjähriger Traum von einem Medizinstudium an der LMU im Sommersemester endlich wahr wird, im Februar 2022 begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die heute 24-Jährige wohnte zu dieser Zeit nahe der Grenze zu Russland in Charkiw und musste mit ihrer Familie vor den Bomben in den Westen des Landes fliehen. „Immerhin wusste ich zu diesem Zeitpunkt, dass ich in München einen Platz habe, wo ich mein Leben weiterführen kann“, sagt sie.

Ihren Studienstart hat sich Valeriia in der Vergangenheit natürlich dennoch „total anders“ ausgemalt. Der Schock durch den Überfall, die Sorge um die Menschen in ihrer Heimat und die vielen bürokratischen Hürden in den von den vielen Kriegsflüchtlingen überlasteten Behörden. Ihre Eltern konnten ihr in den Kriegswirren verständlicherweise auch nicht helfen. „Normalerweise wären sie mich in dieser Zeit besuchen gekommen“, erzählt Valeriia. Ihr Zuhause hat sie seitdem auch nicht mehr gesehen. „Es ist einfach zu gefährlich.“

Ist es unter diesen Umständen überhaupt möglich, sich auf das Studium zu konzentrieren? Für die LMU-Studentin ist das kein Problem. „Dafür liebe ich die Medizin zu sehr“, sagt sie. Es gebe einfach so viele interessante Themen, die sie erfahren möchte. Natürlich nähmen sie die schrecklichen Nachrichten manchmal so sehr mit, dass sie den ganzen Tag nichts lernen könne – beispielsweise nach der Überflutung infolge der Sprengung des Kachowka-Staudamms. „Aber wenn man liebt, was man tut, ist es einfacher“, sagt sie mit fester Stimme.

Ich will eine gute Ärztin werden, da ist es für mich nur logisch, von den Besten zu lernen.

Medizin war schon immer Valeriias Leidenschaft. Gleich nach dem Abitur ging sie daher an die Nationale Medizinische Universität in Charkiw. Seitdem träumte sie davon, aufgrund der guten medizinischen Ausbildung in Deutschland zu studieren – und begann, die Sprache zu lernen. Für die LMU entschied sie sich, weil sie nicht nur bei Forschung und Ausstattung führend sei, sondern auch bei der Qualifizierung der Lehrkräfte. „Ich will eine gute Ärztin werden, da ist es für mich nur logisch, von den Besten zu lernen“, erläutert sie. Ihr Antrieb ist es, Menschen zu helfen. Deshalb engagierte sie sich schon während ihres Studiums in der Ukraine ehrenamtlich als Vizepräsidentin des Rotaract Clubs, der Jugendbewegung von Rotary. Die Vereinsmitglieder kümmern sich zum Beispiel um junge krebskranke Kinder in Krankenhäusern, wenn die Eltern das aus beruflichen Gründen nicht können. Außerdem war Valeriia an ihrer Universität Leiterin des Standing Committee on Medical Education, das zur International Federation of Medical Students’ Associations gehört, wo sie sich unter anderem für eine bessere medizinische Ausbildung während und nach dem Studium einsetzte. Beispielsweise organisierte sie ein Projekt, um die Englischkenntnisse der angehenden Ärzteschaft zu verbessern.

Selbst in München hilft Valeriia trotz aller Widrigkeiten weiterhin anderen Menschen aus ihrer Heimat – etwa bei Übersetzungen, bei behördlichen Schreiben oder bei Arztbesuchen. „Es ist alles sehr kompliziert, wenn man nichts versteht“, betont sie. Auch steht sie regelmäßig mit den Vereinen in Charkiw in Kontakt, schreibt E-Mails oder führt Telefonate mit den Menschen vor Ort. Letztes Jahr war sie sogar bei einem Rotary-Treffen in Wien, wo verschiedene Hilfsprojekte für die Ukraine erarbeitet wurden.

Da ihre Eltern sie aufgrund des Krieges nicht wie geplant finanziell unterstützen können, muss Valeriia für ihren Lebensunterhalt in der Fremde komplett selbst aufkommen. Sie ist daher sehr dankbar für die Unterstützung im Rahmen des Deutschlandstipendiums an der LMU. Dadurch muss sie weder beim Studium noch bei ihrem sozialen Engagement Abstriche machen. „Und ich kann dadurch eine bessere Ärztin werden“, ergänzt sie. Ob sie wieder in die Ukraine zurückgeht, wenn der Krieg eines Tages vorbei sein sollte, kann sie nicht sagen. Noch gebe es keine Sicherheit. „Niemand weiß, was morgen kommt.“

Quelle: LMU