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Nachruf für Prof. Dr. Gustav Paumgartner

29. September 2023

Gustav Paumgartner (*23.11.1933 – †23.9.2023) ist im Alter von fast 90 Jahren in seiner Wiener Wahlheimat am vergangenen Samstag verstorben. Er war 20 Jahre lang Direktor der Medizinischen Klinik II am LMU Klinikum und hat deren internationalen Ruf durch seine Forschung zur Behandlung von Leber- und Gallenerkrankungen, seine Mentorenschaft für zahlreiche akademische Schüler und seine Präsidentschaft verschiedener Fachgesellschaften und als Mitherausgeber des New England Journal of Medicine begründet.

paumgartner Emeritierter Professor und Direktor der Klinik für Innere Medizin II am LMU Klinikum sowie Leiter der Ethikkommission war ein international renommierter Experte auf dem Gebiet der Lebererkrankungen (Bild: LMU Klinikum)

Gustav Paumgartner wurde 1933 in Neumarkt in der Steiermark geboren und legte am Lichtenfels Gymnasium in Graz sein Abitur ab. Er studierte in Graz und Wien Medizin mit einem Aufenthalt als Stipendiat an der Princton University. Nach seiner Promotion in Wien war er am Pharmakologischen Institut und an der Medizinischen Klinik II der Universität Wien als Assistent und Oberarzt tätig. Ein weiterer Forschungsaufenthalt führte ihn zu Carroll Leevy am New Jersey College of Medicine in die USA, wo er die Grundlagen für die Indocyanin Grün (ICG) Clearance als Leberfunktionstest entdeckte. Von Wien ging er 1971 an das Institut für Klinische Pharmakologie der Universität Bern, wo er sich in Klinischer Pharmakologie und Hepatologie habilitierte und zum Extraordinarius sowie zum Vizedirektor des Institutes ernannt wurde. In Bern gelangen Paumgartner bahnbrechende Arbeiten zum Verständnis der Gallensäurensekretion. 1979 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor für Innere Medizin an die Ludwig-Maximilians-Universität München und als Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum Großhadern. Nach seiner Emeritierung 1999 leitete er bis 2010 die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München und wurde durch das LMU Klinikum mit der Peisser-Medaille in Gold für seine Verdienste ausgezeichnet. Paumgartners Forschung ist in über 1.000 wissenschaftlichen Veröffentlichungen in den Spitzenjournalen, Büchern und Kapiteln international führender Lehrbücher dokumentiert. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche hochrangige Ehrungen und Preise, er war unter anderem Fellow des Royal College of Physicians und Ehrenmitglied der American Association of Physicians. Nach dem Umzug nach Wien wurde er 2013 zum Gastprofessor der Medizinischen Universität Wien ernannt.

Paumgartner war ein Vorreiter des Clinician Scientist

Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen und klinischen Tätigkeit von Gustav Paumgartner lag auf dem Gebiet des Gallensäurenstoffwechsels und von cholestatischen Lebererkrankungen. Dabei war sein Ansatz immer, Grundlagenforschung und klinische Forschung im Sinne eines ‚Clinician Scientist‘ zu verbinden. Neben grundlegenden physiologischen und pathophysiologischen Erkenntnissen fokussierte seine Forschung auf den therapeutischen Einsatz von Gallensäuren, insbesondere der Ursodeoxycholsäure zur Behandlung von chronisch cholestatischen Leberkrankheiten wie der primär biliären Cholangitis (PBC) und primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) und von Gallensteinen. Gustav Paumgartner war federführend an der Anwendung neuer Techniken beteiligt, wie z.B. der massenspektrometrischen Analyse von Gallensäuren bei Lebererkrankungen. Die Entwicklung der Stoßwellen Lithotripsie brachte eine Revolution in der konservativen Behandlung von Gallensteinen und trug zur hohen internationalen Reputation des LMU Klinikums und seiner Klinik bei. Auch auf dem Gebiet der portalen Hypertension, Leberzirrhose und deren Komplikationen führte Paumgartner die Klinik zu herausragenden Ergebnissen. Unter seiner Ägide entwickelte sich die Lebertransplantation am Klinikum zum etablierten Verfahren.

Forscher, Förderer und fürsorglicher Chef

Gustav Paumgartner war einer der ersten Herausgeber des Journal of Hepatology, sowie Associate Editor von Hepatology und European Board Member des New England Journal of Medicine. In der European Association for the Study of the Liver (EASL) diente er als Generalsekretär, Präsident und Gastgeber des Annual Meeting 1989 in München sowie als Ehrenpräsident. 1992 richtete Gustav Paumgartner als Präsident die 47. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in München aus.

Paumgartner hat Generationen von jungen Wissenschaftlern geprägt, immer fokussiert auf klare Fragestellungen, korrekte Darstellung und kritische Diskussion. Er war auch ein fürsorglicher und großzügiger Chef, der seine Mitarbeiter zu Opernabenden und zum geselligen Miteinander in sein Haus in Gräfelfing einlud.

Prof. Dr. Markus M. Lerch, Ärztlicher Direktor des LMU Klinikums, selbst Gastroenterologe: “Beeindruckend war sein großes wissenschaftliches Interesse bis ins hohe Alter und so erinnern sich die akademischen Kinder, Enkel, Urenkel und Ururenkel gerne an die angeregten Diskussionen anlässlich der Symposien auf dem väterlichen Pichlschloss in Neumarkt in der Steiermark. Heimat für Gustav Paumgartner im wahrsten Sinne des Wortes. Wir verlieren mit ihm einen inspirierenden Forscher, Kliniker, und einfühlsamen und klugen akademischen Lehrer. Unsere Anteilnahme gilt heute seiner Familie. Zusammen mit Kollegen und Freunden weltweit vermissen wir ihn und werden ihn in dankbarer und ehrenvoller Erinnerung bewahren.”

Ansprechpartner

Prof. Dr. med. Markus M. Lerch
Ärztlicher Direktor
LMU Klinikum München
aerztliche.direktion@med.uni-muenchen.de

Quelle: LMU Klinikum