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Erste zugelassene Gentherapie in der Augenheilkunde am Klinikum der LMU München durchgeführt

05. Juni 2019

Am vergangenen Mittwoch haben Augenärzte des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität als erstes Zentrum in Deutschland die erste zugelassene Gentherapie zur Behandlung einer erblich bedingten Netzhauterkrankung eingesetzt. Unter der Leitung von Professor Siegfried Priglinger wurde erstmals eine Patientin in Deutschland mit der kürzlich zugelassenen Gentherapie mit dem Wirkstoff Voretigen Neparvovec behandelt. Die Augenklinik der LMU nimmt damit eine führende Position in der Behandlung bisher nicht behandelbarer Augenerkrankungen ein

gentherapie-auge Gentherapie zur Behandlung einer erblich bedingten Netzhauterkrankung. (Foto: KUM)

Eine Vielzahl von Genen sind mit Erkrankungen der Netzhaut assoziiert. Beim Krankheitsbild der Leber’schen hereditären Amaurose (LCA) handelt es sich um eine genetisch heterogene Gruppe von Netzhauterkrankungen, deren Gemeinsamkeit ein fortschreitender Untergang an funktionalem Netzhautgewebe ist. Betroffene leiden unter einer Netzhautdegeneration, die zu einer Gesichtsfeldeinschränkung mit Sehverlust bis hin zur kompletten Erblindung führen kann.

Das neue Therapeutikum markiert den Beginn einer neuen Ära in der Augenheilkunde. „Endlich können wir Krankheiten behandeln, die bisher nicht behandelbar waren. Mit dem Einzug der Gentherapie in den klinischen Alltag werden wir in Zukunft für eine wachsende Anzahl an erblich bedingten Augenleiden eine kausale Therapieoption anbieten können“, so Professor Priglinger, Direktor der Augenklinik. Der Vorsitzende von PRO RETINA Deutschland e.V., der ältesten und renommiertesten Patientenorganisation für Menschen mit Netzhautdegenerationen, Franz Badura, weiß als selbst Betroffener am besten Bescheid über die Sorgen und Nöte der Patienten und ergänzt: „Für die jungen Betroffenen einer solch schwerwiegenden seltenen Netzhauterkrankung und für ihre Angehörigen ist der Einsatz der Gentherapie ein ganz wichtiger, großer Meilenstein, weckt Hoffnung und eröffnet erstmals Chancen auf eine Verbesserung ihres Sehens.“

Wirkprinzip der Gentherapie

Die Gabe des Gentherapeutikums umfasst eine operative Einbringung des Medikaments im Rahmen einer pars-plana Vitrektomie. Bei dieser Operation wird der Glaskörper entfernt, dies ermöglicht dem Operateur einen barrierefreien Zugang zur Netzhaut. Mit einer nur 0,1 mm im Durchmesser messenden Injektionskanüle wird dann das in einem Trägermaterial gelöste Gentherapeutikum mit einem Volumen von 0,3 ml unter die Netzhaut gespritzt. Mittels speziell modifizierter nicht krankheitsauslösender Adenoassoziierter Viren als Träger gelangt eine gesunde Kopie des erkrankten RPE 65 Gens zu den Zielzellen der Netzhaut. Dort angekommen kann von den Zielzellen ein funktionstüchtiges Protein produziert und so der physiologische Sehzyklus wiederhergestellt werden.

Mit dem neuen Therapeutikum steht nun erstmals eine Gentherapie für Betroffene zur Verfügung, bei denen biallelische Mutationen im sogenannten RPE65 Gen für die Erkrankung ursächlich sind. Dieses Gen ist für die Bildung des für den Sehzyklus unersetzlichen Enzyms Retinoid-Isomerohydrolase verantwortlich, das in der Netzhaut für die Regeneration von 11 cis retinal verantwortlich ist. 11 cis retinal ist als Chromophor ein essentieller Bestandteil lichtempfindlicher Sehpigmente (Opsine), die als Lichtrezeptoren fungieren und damit für den Sehvorgang unabdingbar sind. Ist das Enzym in seiner Funktion beeinträchtigt oder fehlt es, können Lichtreize nicht zu einem physiologischen Seheindruck verarbeitet werden, was zu hochgradiger Sehminderung oder gar Blindheit führen kann.

Quelle: KUM