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Else Kröner Forschungskollegien: klinische Forschung für die Medizin von morgen

27. Juni 2016

Um das klinische Potenzial neuer Entdeckungen zu erkennen und es in die klinische Anwendung zu tragen, braucht es Clinician Scientists: Ärzte, die in der Forschungswelt der Gene, Moleküle und Krankheitsmechanismen genauso zuhause sind wie am Krankenbett. Vier neue Forschungskollegien – mit einem Fördervolumen von je 1 Million Euro – schaffen Rahmen und Freiräume für die Ausbildung und Forschung begabter junger Clinician Scientists.

Bad Homburg, den 27. Juni 2016 – Vier drängende klinische Problemfelder, vier Forschungsgebiete, in denen sich grundlegend neue Lösungen ankündigen, und vier ausgezeichnete Konzepte zur Betreuung und Ausbildung angehender Clinician Scientists.

Die Forschungskollegien sind jeweils eingebettet in bestehende, international sichtbare Forschungsschwerpunkte und bieten den Kollegiaten die Möglichkeit, ihre eigene Forschung im Rahmen eines anregenden Expertennetzwerks aufzubauen. Eine solide methodische Ausbildung sowie eine frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit werden angestrebt. Für mindestens eineinhalb Jahre können die Kollegiaten sich, von klinischen Verpflichtungen befreien und der Etablierung ihres Forschungsansatzes widmen. Anschließend verfolgen sie beides – klinische Weiterbildung zum Facharzt und Forschung – parallel weiter und sind so in der Lage, den Brückenschlag zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und klinischer Anwendung zu vollziehen. Die neuen Forschungskollegien können dabei auch auf die Erfahrungen und Erfolgsrezepte von insgesamt neun schon an verschiedenen Standorten und zu verschiedenen Themen etablierten Kollegien zurückgreifen.

Jedes der vier neuen Kollegien verfolgt ein Forschungsgebiet, das ein besonders dringliches klinisches Problem im Blick hat und sich in einer Phase des intensiven „revolutionären“ Erkenntnisfortschritts befindet. An der Spitze und in den Leitungsgremien aller vier Kollegien stehen Persönlichkeiten, die als überzeugende „role models“ Klinik und Forschung auf hohem Niveau miteinander vereinen.

Universitätsklinikum Jena
Altern und Krankheit: translationale Analyse von therapeutischen Interventionen (AntiAge)
Sprecher: Prof. Dr. Otto W. Witte ( Hans Berger Klinik für Neurologie)

Die Menschen erreichen heute nicht nur ein höheres Durchschnittsalter, sondern bewahren vielfach auch im höheren und hohen Alter ein steigendes Maß an körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit. Allerdings leiden Sie auch an altersbedingten Schwächen und Krankheiten. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Erkrankungen durch Alterungsmechanismen mitbedingt oder moduliert werden. Daher sind auch im Alter angepasste oder gar spezifische Therapien notwendig. Diese sollen in einem interdisziplinären Forschungsverbund „Altern und Krankheit“ von den Kliniken für Kardiologie, Geriatrie, Onkologie, Neurologie und Bauchchirurgie am Universitätsklinikum Jena untersucht werden. Dies wird komplementär ergänzt durch das grundlagenorientierte Leibniz-Institut für Alterungsforschung, das auf dem Gebiet der Stammzellalterung Weltruhm genießt. Die Aktivitäten stärken den in dieser Form in Deutschland einzigartigen Forschungsschwerpunkt „Altern und altersabhängige Erkrankungen“, in dem vielfältige Forschungsprojekte im Verbund aus Universitätsklinikum, Universität und Leibniz-Instituten in Jena bearbeitet werden.

Klinikum der Universität München
Translationale Psychiatrie
Sprecher: Prof. Dr. Peter Falkai (Klinikum der Universität München ), Dr. Dr. Elisabeth Binder (Max Planck Institut für Psychiatrie)

falkaip Dr. Peter Falkai
Direktor für Psychiatrie und Psychotherapie

Ungefähr jeder dritte Bundesbürger war in den vergangenen 12 Monaten an einer psychischen Störung erkrankt. Gesellschaftliche Stigmatisierung und krankheitsbedingte Beeinträchtigung fast aller Lebensbereiche machen psychische Erkrankungen zu einer für Kranke und deren Familien besonders schwer zu tragenden Last. Lange Zeit erschien es auch fast aussichtslos, das Rätsel dieser Erkrankungen eines Tages zu entschlüsseln. Dies hat sich aber in den letzten ca. 10 Jahren geändert: neue Forschungsmethoden in Bildgebung, Molekulargenetik und experimenteller Modellbildung erlauben erstmals Einblicke in die komplexen Entstehungsmechanismen. Um dieses Erkenntnispotenzial in neue, sprechende sowie pharmakologische Therapieansätze zu übersetzen und die Grundlagen für eine neue Versorgungsrealität zu schaffen, braucht es ausgebildete Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie mit einer fundierten Kenntnis molekularer Grundlagen. Die schon tradierte enge Kooperation zwischen dem grundlagenstarken Max-Planck-Institut und der Universitätsklinik für Psychiatrie schafft optimale Voraussetzungen für das mit der internationalen Max Planck Research School for Translational Psychiatry verschränkte Forschungskolleg.

Klinikum der Universität München
Immuntherapie zur Behandlung von Krebserkrankungen: Wirk- und Resistenzmechanismen
Sprecher: Prof. Dr. M. Subklewe, (Medizinische Klinik III, LMU, Hämatologie & Onkologie)

subklewe Dr. Marion Subklewe
Leiterin der Klinischen Kooperationsgruppe Immuntherapie am Helmholtz Zentrum München

Kann das menschliche Immunsystem Tumorzellen erkennen und eliminieren? Diese scheinbar einfache Frage beschäftigt die Forschung seit gut 100 Jahren und wurde phasenweise sehr unterschiedlich beantwortet. Spätestens jedoch seitdem die Immuntherapie zur Behandlung von Krebserkrankungen 2013 im Wissenschaftsjournal Science als „breakthrough of the year“ ausgezeichnet worden ist, werden nicht nur Hoffnungen, sondern konkrete Erwartungen in dieses Feld gesetzt. Die Entdeckungsgeschichte der zwei initialen klinischen „Erfolgsgeschichten“ zeigt eindrucksvoll, dass die Komplexität und das Wirkungspotenzial des Immunsystems sich nur dann therapeutisch nutzen lässt, wenn die molekularen Vorgänge minutiös und geduldig aufgeklärt werden. Das Münchner Konsortium gehört in diesem international intensiv beforschten Gebiet zu den Gruppierungen, denen es immer wieder gelingt, von der molekularen Ebene bis zur klinischen Studie durchgängig erfolgreich zu sein und ebenso originelle wie klinisch relevante Lösungen hervorzubringen. In diesem Umfeld großer wissenschaftlicher Expertise und klinischer Aufbruchsstimmung finden forschungsbegeistere Kliniker ein ebenso anregendes wie unterstützendes Umfeld.

Universitätsklinikum und Eberhard Karls Universität Tübingen
Therapieresistenz solider Tumore
Sprecher: Prof. Dr. G. Tabatabai (Sektion Neuroonkologie und Hertie-Institut für klinische Hirnforschung)

Bei jeder Tumorbehandlung besteht das Risiko, dass die Therapie trotz eines multimodalen interdisziplinären Therapie-Ansatzes versagt. Durch die molekulargenetischen Analysen der vergangenen Jahre ist es gelungen, die Heterogenität der gängigen Tumorarten besser zu verstehen und im Einzelfall auch Therapien einzusetzen, die zielgerichteter und passgenauer auf die molekularen Veränderungen des Tumors ausgerichtet sind. Jedoch kommt es bei der Therapie solider Tumoren häufig zur Entwicklung einer Therapieresistenz und somit zu einem Therapieversagen – und zwar sowohl bei konventionellen Therapieformen wie der Strahlentherapie und der alkylierenden Chemotherapie als auch bei den zielgerichteten Therapien. Ob, wann, bei wem und warum eine Therapie versagt, ist bisher nicht vorhersehbar. Daher gilt es, die Wandlungsfähigkeit von Tumoren im Zeitverlauf zu verstehen und in zukünftige therapeutische Konzepte einzubauen. Am Beispiel von Hirntumoren und Tumoren des Verdauungstrakts wird das Tübinger Konsortium aus profilierten Immunologen, Molekularbiologen, Neuroonkologen, Gastroenterologen, Radioonkologen, Radiologen, Neuroradiologen und Nuklearmedizinern der Resistenzentwicklung nachgehen, und zwar vom molekulargenetischen Ausgangspunkt über eine detaillierte Analyse molekularer und immunologischer Prozesse bis hin zur klinischen Prüfung.

Quelle: ekfs (Text), Universitätsklinikum (Bildnachweis)