Medizinische Fakultät
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Vitreomakuläre Adhärenz

Immer wenn im Blut bestimmte Proteine abgebaut werden, ist unter anderem das Enzym Plasmin zuständig. Die Forschung hat die körpereigene Substanz leicht verändert, um sie stabil zu halten und mit einer definierten Dosis für die Therapie von Augenerkrankungen zu nutzen: der Glaskörperanhaftung an der Netzhaut, im Fachjargon vitreomakuläre Adhärenz genannt. Sie geht einher mit Symptomen der Sehverschlechterung. Eine Sonderform ist das Makulaforamen am Punkt des schärfsten Sehens in der Netzhaut. Genau dort ist die Retina durch die Glaskörperanhaftung dermaßen verzogen, dass ein scheinbares Loch entsteht. Dadurch verlieren die Patienten stark an Sehschärfe.

„Wo bisher nur eine Operation half“, sagt Prof. Anselm Kampik, „kann in vielen Fällen jetzt eine einzige Injektion in den Glaskörperraum mit diesem neuen Wirkstoff Ocriplasmin die Glaskörperadhärenz lösen und zu einem Verschluss des Makulaforamens führen.“ Das hat eine Studie gezeigt, an der die Augenklinik des Klinikums der Universität München wesentlich beteiligt war. Zudem haben die Forscher auch im Vorfeld der Studie grundlegende Mechanismen zum Thema aufgeklärt. Der Direktor der Klinik hält das neue Medikament für einen grundsätzlich neuen Ansatz in der Therapie dieser Erkrankungen. „Bisher konnten wir den Patienten nur helfen, indem wir den Glaskörper entfernt haben“, erklärt Kampik.

„Die Nebenwirkungen waren erstaunlich unbedeutend“

Bei der symptomatischen vitreoretinalen Adhärenz heftet sich Kollagen aus dem Glaskörper an die Oberfläche der Netzhaut, wodurch sie sich verzieht. Das stört ihre Funktionsfähigkeit. Diese Adhärenz wird durch die Moleküle Laminin und Fibronektin vermittelt. Ocriplasmin „verdaut“ die beiden Moleküle, löst also die Verbindung des Glaskörpers mit der Netzhaut. Für die Ocriplasmin-Studie haben weltweit verschiedene Augenkliniken mehrere hundert Patienten mit symptomatischer vitreomakulärer Adhäsion rekrutiert. Manche der Studienteilnehmer hatten ein Makulaforamen. Diagnostiziert wurden diese Patienten mit Hilfe der Optischen Kohärenztomographie, die die Schichten der Netzhaut und der Grenzschicht zwischen Netzhaut und Glaskörper sichtbar macht.

464 Augen wurden mit einer einmaligen Ocriplasmin-Injektion in den Augapfel behandelt, 188 Augen mit einer Injektion, die nur ein Placebo enthielt. Vier Wochen nach der Therapie kontrollierten die Ärzte die Effekte. In fast 27 Prozent der Fälle löste sich unter Gabe des Medikaments die vitreoretinale Adhärenz. „Sogar in 40 Prozent der Fälle schlossen sich die Makulaforamina“, sagt Kampik. Die Wirkung gegenüber der Placebo-Injektion war signifikant. Nach sechs Monaten lag die Sehleistung der erfolgreich behandelten Patienten deutlich über den anfänglich gemessenen Werten. „Die Nebenwirkungen waren erstaunlich unbedeutend“, erklärt der Direktor der Augenklinik weiter. Es kam häufiger

Die amerikanische Medikamentenzulassungsbehörde FDA hat Ocriplasmin bereits zugelassen. Das europäische Pendant, die EMA, hat einen positiven Vorbescheid für die Zulassung in 2013 erteilt.

Quelle: Jahresbericht 2012 (Text und Bildnachweis)

Literatur: Stalmans P, Benz MS, Gandorfer A, Kampik A, Girach A, Pakola S, Haller JA; MIVI-TRUST Study Group (2012):
"Enzymatic vitreolysis with ocriplasmin for vitreomacular traction and macular holes"
N Engl J Med., 367(7): 606-15