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Schlaganfälle behandeln: Neue Therapie in Sicht

07.08.2024

LMU-Forschende haben einen möglichen Ansatz identifiziert, den Teufelskreis wiederkehrender Schlaganfälle zu durchbrechen.

Wiederkehrende Schlaganfälle in den Tagen und Wochen nach dem ersten Ereignis sind ein häufiges Problem unter Patienten, bei denen eine Arteriosklerose die Ursache war. Ein internationales Team von Forschenden unter Federführung des LMU Klinikums hat nun detailliert erforscht, warum es zu den häufig wiederkehrenden Schlaganfällen kommt: Aus Zellen freigesetzte Erbsubstanz (DNA) führt nach dem ersten Ereignis zu einer Entzündungsreaktion im gesamten Körper, die auch zu einer Verschlechterung der arteriosklerotischen Gefäßablagerungen führt und damit zu erneuten Gefäßverschlüssen – ein Teufelskreis. Das Forschungsteam um Arthur Liesz, Professor am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung und Mitglied im Exzellenzcluster SyNergy, schlägt daher auf Grundlage seiner neuen Erkenntnisse eine neue Therapie vor: die zellfreie DNA einfach durch entsprechende Medikamente (DNasen) abzubauen. Die Studienergebnisse wurden nun im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht und könnten, wenn sie sich im Menschen bestätigen, zu einer verbesserten Schlaganfall-Therapie führen.

Schlaganfall durch Schlaganfall

Etwa 200.000 Menschen in Deutschland erleiden Jahr für Jahr einen Schlaganfall. Er ist damit die zweithäufigste Todesursache – und ein Hauptgrund von Behinderung im Erwachsenenalter. Meist wird der Schlaganfall durch Arteriosklerose verursacht. Zu diesem Prozess kommt es, wenn Immunzellen in Fettablagerungen in der Blutgefäßwand einwandern. In den so entstehenden „Plaques“ baut sich eine schädliche Entzündungsreaktion auf, die sich verselbstständigt, chronisch wird, zu Verkalkungen und Engstellen führt und die Gefäße verstopft. Mehr noch: Aus diesen „Plaques“ können sich Gerinnsel lösen, durchs Blut wandern und kleine Gefäße im Gehirn blockieren. Warum es aber bei gut zehn Prozent der Patienten selbst bei bester Versorgung im Krankenhaus binnen Tagen und Wochen zu weiteren Schlaganfällen kommt, blieb lange ungeklärt.

„Dieses Rätsel haben wir nun weitgehend gelöst“, sagt Arthur Liesz. Grundlage dafür war zunächst die Etablierung eines sogenannten Tiermodells in der Maus, an dem die Forschenden wiederkehrende Schlaganfälle aus arteriosklerotischen Plaques wie im Menschen nachstellen konnten, um die daran beteiligten Prozesse zu untersuchen.

Freie DNA im Blut führt zu Entzündungsreaktionen

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Es zeigte sich: In der frühen Phase nach einem Schlaganfall kommt es zu einer Entzündungsreaktion im gesamten Körper – obwohl keine Infektion vorliegt. Als Ursache konnten die Forscher zellfreie DNA im Blut feststellen, die aktiv von sogenannten Neutrophilen, einem angeborenen Immunzelltyp, sezerniert wird. Sie bewirkt eine Entzündung, die auch die Arteriosklerose rasant fortschreiten lässt, denn „diese zellfreie DNA aktiviert in bestimmten Immunzellen das AIM2-Inflammasom“, sagt Postdoktorand Jiayu Cao. Als Inflammasom wird ein ganzer Komplex aus Proteinen in Entzündungszellen bezeichnet, der zur massiven Bildung des Botenstoffs Interleukin-1 führt. Dieser Botenstoff breitet sich durch das Blut im ganzen Körper aus und wirkt insbesondere auf bereits entzündete Gewebe – wie die arteriosklerotisch veränderten Gefäße. Das wiederum destabilisiert Hochrisiko-Plaques, die einreißen und Gerinnsel freisetzen, was zu weiteren Schlaganfällen führt.

Mit diesem Wissen starteten die Forschenden bei ihren Tieren nach dem ersten Schlaganfall eine Therapie: Durch die Gabe von sogenannten DNasen – Enzyme, die DNA zerstören – sofort nach dem ersten Schlaganfall lässt sich der gesamte fatale Prozess stoppen. „Durch diese Behandlung haben wir die Rate wiederkehrender Schlaganfälle in unserem Tiermodell um bis zu 80 Prozent gesenkt“, sagt Postdoktorand Stefan Roth. Die DNA in Zellen bleibt von dieser Behandlung unberührt, weil DNasen nicht in Zellen eindringen können. „Der Erfolg im Tierversuch hat uns motiviert, eine klinische Studie zu planen, die bereits genehmigt wurde.“ Sie soll, so Liesz, „voraussichtlich 2025 an mehreren Kliniken in Deutschland beginnen.“

Orginalarbeit:

Jiayu Cao, Stefan Roth et al.: DNA-sensing inflammasomes cause recurrent atherosclerotic stroke. Nature 2024