Den Herzschlag enträtseln
23.05.2024
Konstantin Hennis und Christian Wahl-Schott präsentieren aktuelle Erkenntnisse zur Sinusknoten-Automatik und zur Rolle der Schrittmacherkanäle.
23.05.2024
Konstantin Hennis und Christian Wahl-Schott präsentieren aktuelle Erkenntnisse zur Sinusknoten-Automatik und zur Rolle der Schrittmacherkanäle.
Den Herzschlag enträtseln: Die Bedeutung der Schrittmacherkanäle für die Regulation des Herzrhythmus und die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Konstantin Hennis und Christian Wahl-Schott geben in dem Journal Circulation Research einen Überblick über die neuesten Erkenntnisse zur Automatik des Sinusknotens und diskutieren die physiologische und pathophysiologische Rolle von Schrittmacherkanälen.
Die chronotrope Reaktion ist ein komplexer physiologischer Prozess, durch den die Herzfrequenz an wechselnde körperliche Bedürfnisse angepasst wird. Der Verlust oder die Dysregulation der normalerweise präzisen Kontrolle der Herzfrequenz durch das autonome Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich ischämischer Herzkrankheiten, Herzversagen und Arrhythmien. Die Beschleunigung und Verlangsamung der Herzfrequenz wird durch eine Erhöhung oder Verringerung der spontanen Feuerungsrate der Schrittmacherzellen im Sinusknoten vermittelt. Beim Übergang von Ruhe zu Aktivität stimulieren sympathische Neuronen diese Zellen durch Aktivierung von β-adrenergen Rezeptoren und Erhöhung des intrazellulären zyklischen Adenosinmonophosphats (cAMP). Während die klinische Bedeutung der Regulierung von Veränderungen der Herzfrequenz, die als chronotrope Wirkung bekannt ist, unbestreitbar ist, sind die Mechanismen, die diese Veränderungen letztlich auf molekularer Ebene steuern, noch nicht vollständig verstanden.
Ihr ihrem Review befassen sich Konstantin Hennis, Christian Wahl-Schott und Kollegen mit der Bedeutung der HCN-Schrittmacherkanäle bei der Anpassung der Herzfrequenz unter gesunden und krankhaften Bedingungen. Die sogenannte Schrittmacherkanäle sind an der rhythmischen Erregung spezieller Herzzellen und Neurone beteiligt.
Ihre umfangreiche Analyse stützt sich auf über 230 in-vivo- und in-vitro-Studien an verschiedenen Säugetierarten und Menschen sowie auf Modellierungsstudien. Besonderer Wert wurde daraufgelegt, die Verbindungen zwischen der Physiologie und der Pathophysiologie beim Menschen und anderen Säugetieren aufzuzeigen, um allgemein gültige Schlussfolgerungen für den Menschen zu formulieren.
Erst in jüngster Zeit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es im Sinusknoten nicht feuernde oder ruhende Schrittmacherzellen gibt, die eine wichtige Rolle bei der chronotropen Reaktion spielen. Die Regulierung der Schrittmacherkanäle durch cAMP trägt eher dazu bei, die Anzahl der nicht feuernden Zellen zu kontrollieren, als die Frequenz der feuernden Zellen zu verändern.
In diesem Review kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Schrittmacherkanäle nicht wesentlich zur frequenzsteigernden Wirkung der chronotropen Reaktion beitragen, während sie andere wichtige Aspekte der Chronotropie kontrollieren, wie die Stabilisierung der Basalherzfrequenz und der Herzfrequenzübergänge sowie die Dämpfung und das Gleichgewicht des Inputs des autonomen Nervensystems. Zusammengenommen ergibt sich daraus ein neues Konzept für die Rolle der HCN-Schrittmacherkanäle in der Funktion des Sinusknotens und erweitert unser Verständnis der molekularen und zellulären Mechanismen, die für eine präzise Kontrolle der Herzfrequenz erforderlich sind.
Konstantin Hennis et al: Pacemaker Channels and the Chronotropic Response in Health and Disease, Circulation Research. 2024