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CAR-T-Zelltherapie: Nebenwirkungen im Fokus

16.07.2025

Die CAR-T-Zelltherapie wird zunehmend auch bei soliden Tumoren und Autoimmunerkrankungen erprobt. Mit steigenden Fallzahlen rückt das Nebenwirkungsmanagement in den Fokus. Dr. Kai Rejeski (LMU) schlägt in Nature Medicine die IAGO-Strategie als Lösung vor.

Dr. Rejeski leitet die AG „Precision Immunotherapy“. Er erforscht, wie T-Zell-Therapien wirken und Nebenwirkungen entstehen. | © LMU Klinikum

Weil mehr Patienten dank der CAR-T-Zelltherapie viele Jahre überleben, geraten zunehmend auch langfristige Nebenwirkungen in den Blick. Beispiele sind Entzündungen im Nervensystem, länger anhaltende Blutbildveränderungen und Zweittumore - vor allem aber im großen Stil Infektionen. „Das liegt daran, dass die im Körper verbleibenden CAR-T-Zellen andere Immunzellen, nämlich die B-Zellen, zerstören, was schlussendlich zu einem Antikörpermangel führt“, sagt Rejeski, „außerdem können anhaltende Zytopenien und langfristig erniedrigte körpereigene T-Zellen, etwa durch die initiale Lymphodepletion, das Immunsystem nachhaltig schwächen.“

„Deshalb“, so der Mediziner und Arbeitsgruppenleiter weiter, „dürfen Infektionen nicht bagatellisiert werden, denn sie können häufig auftreten und auch schwerwiegend verlaufen, das muss man im Hinterkopf behalten.“ Um sie bestmöglich systematisch zu erkennen und behandeln, braucht es Forschung an Universitätskliniken. Und für Forschung an Unikliniken braucht es eine strukturierte Erfassung von Daten, auch in enger Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten, die die Patienten langfristig betreuen.

Bessere Reporting Systeme für CAR-T assoziierte Infektionen erforderlich

In diesem Sinne „benötigen wir für CAR-T assoziierte Infektionen neue Reporting-Systeme mit definierten Standards“, sagt Rejeski. Standards, die Fragen beantworten wie: Wann ist die Infektion aufgetreten - in den ersten 30 Tagen oder danach? War es eine bakterielle oder virale Infektion oder eine Pilzinfektion? Wie schwerwiegend verlief sie? Ist sie aufgetreten, als der Patient im Krankenhaus war oder als der Patient zu Hause war? Hatte der Patient eine Antibiotika-Prophylaxe, während er diese Infektion entwickelt hatte?
„Das sind alles Informationen, die wir benötigen, um das Infektrisiko zwischen verschiedenen CAR-T Produkten nach den gleichen Maßstäben vergleichen zu können. “Hier”, so Rejeski weiter, “müssen wir uns dringend verbessern.”

Strukturierte Datenerfassung als Grundlage für bessere Behandlung

Dabei soll auch IAGO helfen. IAGO steht für die englischen Begriffe „Identification – Attribution – Grading – Optimization”. Diese Strategie soll jede neue Gruppe von Nebenwirkungen strukturiert angehen, die Infektionen genauso wie zum Beispiel jüngst aufgetretene neue neurologische Nebenwirkungen oder auch die Entstehung von Tumoren, die möglicherweise mit der CAR-T-Behandlung zusammenhängen.

Im ersten Schritt geht es um die Identifikation und Beschreibung von Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit, Schwere und Beständigkeit. Im zweiten, der “Attribution”, darum, ob auftretende Nebenwirkungen wirklich kausal auf die Behandlung zurückzuführen sind. Der dritte Schritt, die Etablierung eines Grading-Systems, dreht sich um die klinische Bewertung der Nebenwirkung nach einem einheitlichen System. Einmal etabliert, sollten es alle Behandler verwenden.

Und abschließend: die "Optimization”, also die Optimierung des Managements der beschriebenen Nebenwirkung mittels neuer Therapieansätze. “Das alles”, sagt Rejeski, “ist der Rahmen, um dem Bösewicht der Nebenwirkung Herr zu werden.” Und eine zentrale Aufgabe der Ärzte und Forschenden, die die CAR-T-Zelltherapie in den kommenden Jahren nutzen.

Press release: A New Framework for Understanding and Tackling CAR T Toxicit
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Publikation:
Rejeski, K., Hill, J.A., Dahiya, S. et al. Noncanonical and mortality-defining toxicities of CAR T cell therapy. Nat Med (2025). DOI: https://doi.org/10.1038/s41591-025-03813-5