Frau Daume, Patientinnen und Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs leiden oft schon bei der Erstdiagnose unter Symptomen einer Mangelernährung. Was ist der Grund?
Fanny Daume: Eine elementare Aufgabe der Bauchspeicheldrüse ist die Produktion von Pankreasenzymen, die für die Verdauung unerlässlich sind. Ein Tumor, etwa am Pankreaskopf, kann dazu führen, dass die Bauchspeicheldrüse dazu nur noch eingeschränkt in der Lage ist. Die Folge sind dann oft Verdauungsstörungen, die für Betroffene nicht nur sehr belastend sind, sondern auch einer ausreichenden und ausgewogenen Ernährung im Weg stehen. Nicht zuletzt deshalb haben Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs tendenziell ein besonders hohes Risiko für eine Mangelernährung …
Sarah Löhnchen: … umso wichtiger ist es, dass sie gleich von Anfang an von Ernährungsexperten mitbetreut werden. Eine früh begonnene qualifizierte Ernährungsberatung kann viel bewirken und den Erkrankten dabei helfen, sich mit dem Essen wieder leichter zu tun. Und gerade jetzt ist eine adäquate Ernährung besonders wichtig, denn sie kann Beschwerden lindern und dafür sorgen, dass Betroffene wieder mehr Kraft und Energie verspüren. Aber auch für einen positiven Therapieverlauf ist ein guter Ernährungszustand essenziell.
Was bedeutet "von Anfang an" konkret?
Fanny Daume: Wir werden bereits unmittelbar im Anschluss an die Erstdiagnose kontaktiert, ein erster Beratungstermin folgt dann meist schon wenige Tage später. Dabei geht es zunächst im Rahmen eines Ernährungsscreenings um die Einschätzung des aktuellen Ernährungszustands: Hat der oder die Betroffene in den letzten drei bis sechs Monaten an Gewicht verloren? Leidet sie oder er unter Appetitlosigkeit und/oder unter Verdauungsproblemen? Isst man weniger als normal? Gibt es Lebensmittel oder Zubereitungsarten, die nicht mehr gut vertragen werden? Die Antworten sind dann die Grundlage für die individuellen Ernährungsempfehlungen.
Auch wenn sich Betroffene möglichst passend zu ihrer individuellen gesundheitlichen Situation ernähren sollten – gibt es dennoch Ernährungsempfehlungen, die für alle Pankreaskrebs-Patienten gelten?
Sarah Löhnchen: Meist steht eine Ernährung im Vordergrund, die nicht nur ausreichend Nährstoffe enthält, sondern die auch eiweiß- und vor allem energiedichtereich ist. „Energiedichtereich“ bedeutet, dass bei aktuell gleicher Essensmenge mehr Kalorien enthalten sind. Am leichtesten geht das über energiehaltige Getränke und fettreiche Lebensmittel, die auf mehrere Mahlzeiten am Tag verteilt werden. Auch zusätzliche Mahlzeiten am Tag können sinnvoll sein. Reicht eine Anpassung der Essgewohnheiten nicht aus, empfiehlt es sich, den täglichen Speiseplan durch hochkalorische Trinknahrungen zu ergänzen. Leiden die Betroffenen unter einer Fettverdauungsstörung mit Fettstuhl und Durchfällen, weil die Bauchspeicheldrüse kaum oder gar keine Verdauungsenzyme wie Lipasen mehr in den Dünndarm ausschüttet, ist meist zusätzlich eine Pankreasenzym-Ersatztherapie notwendig, mit der die fehlenden Verdauungsenzyme wirksam ersetzt werden.
Wie funktioniert eine Pankreasenzym-Ersatztherapie?
Fanny Daume: Die Enzympräparate werden zu jeder fetthaltigen Mahlzeit in ausreichender Menge eingenommen – auch zu den Zwischenmahlzeiten oder beim Genuss von fetthaltigen Getränken. Die Dosierung wird individuell festgelegt, abhängig vom Schweregrad des Enzymmangels, aber auch vom Fettgehalt der Nahrung. Viele Pankreaskrebs-Patienten profitieren von einer Pankreasenzym-Ersatztherapie und kommen nach einer eingehenden Beratung gut damit zurecht. Unverzichtbar wird eine Pankreasenzym-Ersatztherapie in der Regel, wenn die befallenen Teile der Bauchspeicheldrüse, etwa der Bauchspeicheldrüsenkopf, oder das gesamte Organ operativ entfernt wurden. In letzterem Fall sind die Patienten außerdem insulinpflichtig.
Was raten Sie Ihren Patienten, wenn sich Beschwerden trotz der Maßnahmen nicht ausreichend lindern lassen oder neu auftreten?
Sarah Löhnchen: In diesem Fall sollte man keine Scheu haben, sich umgehend an uns zu wenden! Oft genügen bereits kleinere Anpassungen wie eine Dosierungsänderung von Pankreasenzymen oder der Austausch von unverträglichen Lebensmitteln gegen bekömmlichere Alternativen. Gegebenenfalls kann auch ein Ernährungsprotokoll helfen, Muster und Zusammenhänge zwischen Nahrung und Beschwerden zu erkennen. Es ist nicht empfehlenswert, erst einmal abzuwarten und zu hoffen, dass die Beschwerden wieder von selbst verschwinden.
Erster Labortest für die Frühdiagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs bei Risikopatienten etabliert
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Was raten Sie Ihren Patienten, wenn sich Beschwerden trotz der Maßnahmen nicht ausreichend lindern lassen oder neu auftreten?
Sarah Löhnchen: In diesem Fall sollte man keine Scheu haben, sich umgehend an uns zu wenden! Oft genügen bereits kleinere Anpassungen wie eine Dosierungsänderung von Pankreasenzymen oder der Austausch von unverträglichen Lebensmitteln gegen bekömmlichere Alternativen. Gegebenenfalls kann auch ein Ernährungsprotokoll helfen, Muster und Zusammenhänge zwischen Nahrung und Beschwerden zu erkennen. Es ist nicht empfehlenswert, erst einmal abzuwarten und zu hoffen, dass die Beschwerden wieder von selbst verschwinden.
Terminhinweis:
Anlässlich des 12. Welt-Pankreaskrebstags am 20. November 2025 veranstaltet das Pankreaszentrum des LMU Klinikums eine Webex-Veranstaltung zum Thema: „Präzision, Fortschritt und Interdisziplinarität in der Pankreaskrebsbehandlung“.