120 Jahre Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des LMU Klinikums
30.10.2024
Eine hochmoderne Klinik mit großer Tradition feiert das Jubiläum mit einem Symposium und einem Tag der offenen Tür
30.10.2024
Eine hochmoderne Klinik mit großer Tradition feiert das Jubiläum mit einem Symposium und einem Tag der offenen Tür
Vor genau 120 Jahren, am 7. November 1904, wurde die Königlich Psychiatrische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität im Herzen von München eröffnet. Die Klinik avancierte rasch zu einer auch international bedeutsamen Einrichtung, wo viele berühmte Wissenschaftler wie Emil Kraepelin und Alois Alzheimer der Psychiatrie zu entscheidenden Fortschritten verhalfen. Die Tradition einer exzellenten klinischen Forschung und einer fürsorglichen Patientenbetreuung wird bis heute fortgesetzt. Am 6. und 7. November 2024 feiert die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ihr 120-jähriges Jubiläum mit einem hochkarätigen Symposium. Einen Tag später bietet sich Interessierten die Gelegenheit, am Tag der offenen Tür einen Blick hinter die Kulissen der Klinik in der Nußbaumstraße 7 zu werfen.
Als die Psychiatrische Klinik im November 1904 ihren Betrieb aufnahm, wurden die psychiatrischen Einrichtungen noch „Irrenanstalten“ und die Psychiatriepatienten „Irre“, „Wahnsinnige“ oder „Geisteskranke“ genannt. Dennoch war die Psychiatrie gerade im Begriff, sich als akademische Wissenschaft zu etablieren - und hieran hatte der erste Direktor der Königlich Psychiatrischen Klinik und Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität, der renommierte Psychiater Emil Kraepelin, maßgeblichen Anteil. Auf ihn geht beispielsweise die Neuordnung der psychiatrischen Klassifikationen zurück, die fünf Hauptgruppen vorsieht und die bis heute die wichtigsten internationalen Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-5 prägt.
Entdeckung der Alzheimer-Demenz
Zu den Assistenten, die Emil Kraepelin 1904 nach München folgten, gehörte auch Alois Alzheimer, den Kraepelin damit beauftragte, ein hirnanatomisches Laboratorium aufzubauen. Schon bald wurde das Laboratorium weltberühmt, denn hier kam Alzheimer 1906 den histologischen Veränderungen im Gehirn auf die Spur, die kennzeichnend für die nach wie vor häufigste Demenzerkrankung sind - und die heute seinen Namen trägt.
Seitdem gab – und gibt – es zahlreiche weitere wegweisende Entwicklungen, die dazu geführt haben, dass sich die medizinische Versorgung von psychisch kranken Patientinnen und Patienten in den letzten 120 Jahren deutlich verbessert hat. So weiß man heute zum Beispiel sehr viel besser Bescheid über die verschiedenen Mechanismen und Faktoren, die zur Entstehung einer psychischen Erkrankung beitragen können. Außerdem gibt es mittlerweile bewährte standardisierte Definitionen und Kriterien, mit der psychische Erkrankungen in den meisten Fällen sicher diagnostiziert werden können.
Breitgefächertes Therapieangebot
„Vor allem aber verfügen wir heute über ein breitgefächertes Therapieangebot, das sowohl somatische Behandlungsmethoden wie Medikamente als auch psychotherapeutische Maßnahmen umfasst“, sagt Professor Dr. Peter Falkai, der seit zwöf Jahren Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des LMU Klinikums ist. Oft komme eine Kombination von Therapien zur Anwendung, etwa ein Psychopharmakon in Kombination mit einer Gesprächstherapie. „Dank dieser und vieler anderer Errungenschaften der Forschung auf dem Gebiet der Psychiatrie können wir den Betroffenen heute individuelle Hilfestellung geben und sie sehr effektiv darin unterstützen, dass sie ihre Funktionsfähigkeit und Lebensqualität zurückgewinnen“, betont auch der Stellvertretende Klinikleiter und Leiter der Abteilung Klinische Neuropsychologie Professor Dr. Oliver Pogarell.
Dafür arbeiten an der Psychiatrischen Klinik des LMU Klinikums der Psychiatrische Pflegedienst gemeinsam mit Psychiatern, Psychologen, Sozialpädagogen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Kunst- und Musiktherapeuten auf 14 Stationen eng zusammen. 218 Betten stehen für die vollstationäre Betreuung bereit, die Tagklinik für das teilstationäre Setting verfügt über 24 Therapieplätze. Hinzu kommen die Spezialambulanzen für verschiedene Krankheitsbilder, etwa die Bipolar-, Sucht- oder Autismus-Ambulanz.
Grundlagenforschung für weitere Fortschritte
Bis heute gehört die Psychiatrische Klinik zu den führenden Forschungseinrichtungen. Und sie verfolgt nach wie vor das Ziel, durch Grundlagenforschung und klinische Studien die Psychiatrie weiter voranzutreiben und den Patienten so neue Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zu eröffnen. „Wir bieten Forschungsmöglichkeiten für alle Krankheitsgruppen: von Suchterkrankungen, affektiven und psychotischen Erkrankungen bis hin zu Persönlichkeitsstörungen und Demenzen“, erklärt Professor Falkai. Weitere Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Methoden der Hirnstimulation, die Entwicklung spezieller Psychotherapieprogramme oder die Früherkennung psychischer Erkrankungen mit modernen bildgebenden Verfahren. „Hierfür hält unsere Klinik eine Fülle von Forschungsmethoden bereit, etwa eine hochmoderne Bildgebung im Haus oder eine eigene Biobank“, so Professor Pogarell.
Fachsymposium am 6. und 7. November
Anlässlich des 120-jährigen Jubiläums lädt die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Mittwoch, 6.11., und Donnerstag, 7.11., zu einem zweitägigen Fachsymposium im Hörsaal in der Nußbaumstraße 7 ein.
Tag der offenen Tür am 8. November
Am Freitag, den 8. November, findet der Tag der offenen Tür für die breite Öffentlichkeit statt: Von 10 Uhr bis 15 Uhr haben alle, die mehr über die Arbeit und Chancen in der Psychiatrie erfahren möchten, die Gelegenheit, in der Nußbaumstraße 7 in ein buntes Rahmenprogramm einzutauchen. Neben Infoständen und Gesprächen mit Experten der Psychiatrischen Klinik gehören auch Führungen zum Programm, bei denen die Besucherinnen und Besucher einen Blick ins Innere der Klinik werfen können, etwa ins Zentrum für nicht-invasive Hirnstimulation, die Tagesklinik oder das St.-Vinzenz-Haus. Außerdem können sich Interessierte über die verschiedenen Behandlungsformen informieren und haben die Möglichkeit, Therapien direkt kennenzulernen. Das interaktive Mitmachprogramm bietet unter anderem Schnupperstunden zur Selbstfürsorge, Kunst-, Ergo- oder Wellbeing-Therapie an.
„Dieses Jubiläum bietet uns die einzigartige Gelegenheit, auf die Entwicklungen in der Psychiatrie und Psychotherapie zurückzublicken und gemeinsam in die Zukunft zu blicken“, freut sich Professor Falkai.