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Im Inneren des Zellkerns: Ein Interview mit Dr. Marta Russo

14.04.2025

Dr. Marta Russo wird im Sommer ihre eigene Forschungsgruppe am BMC etablieren. Im Interview spricht sie über ihre Forschung, wie Stoffwechselvorgänge die Genaktivität beeinflussen – und warum ihr neues Labor für künftige Teammitglieder interessant ist.

Wir freuen uns, Ihnen Dr. Marta Russo vorzustellen, die im Sommer als Forschungsgruppenleiterin an das Biomedizinische Centrum (BMC) der LMU München wechseln wird. Dr. Russos Labor wird sich auf das faszinierende Wechselspiel zwischen Zellmetabolismus und Genregulation konzentrieren. Im Interview gibt sie Einblicke in ihr Forschungsgebiet und spricht eine Einladung an zukünftige Teammitglieder aus.

Dr. Russo, herzlich willkommen am BMC. Können Sie uns einen Überblick über Ihren Forschungsschwerpunkt geben?

Vielen Dank, ich freue mich sehr, an das BMC zu kommen! Meine Forschung konzentriert sich darauf zu verstehen, wie der Stoffwechsel im Zellkern die Genaktivität beeinflussen kann. Mehr als ein Jahrhundert lang wurden Stoffwechselwege fast ausschließlich in den Mitochondrien untersucht. Inzwischen wissen wir aber, dass einige Stoffwechselenzyme auch im Zellkern lokalisiert sind. Ein Schlüsselbeispiel ist die Produktion von Acyl-CoA-Molekülen, die nicht nur Stoffwechselzwischenprodukte, sondern auch entscheidende Kofaktoren für Histonmodifikationen sind. Diese Modifikationen wiederum beeinflussen, wie Gene exprimiert werden. Während meiner Postdoc-Zeit entdeckte ich, dass mehrere mitochondriale Enzyme, die an der Acyl-CoA-Produktion beteiligt sind, auch im Zellkern wirken und mit der Transkriptionsmaschinerie interagieren können. Mit Unterstützung des Emmy Noether-Programms baue ich nun ein eigenes Labor auf, um dies weiter zu untersuchen, insbesondere wie der Stoffwechsel im Zellkern die Genregulation beeinflusst. Wir wollen Licht in eine noch weitgehend unerforschte Dimension der Genregulation bringen, die wichtige Auswirkungen auf die Zellidentität, Immunreaktionen und menschliche Krankheiten haben könnte.

Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Gruppe am BMC aufzubauen?

Das BMC ist für mich der perfekte Ort für meine Forschung. Ich interessiere mich sehr für Genregulation, Transkriptionsmechanismen und Chromatinbiologie, und das BMC bringt die besten Experten auf diesen Gebieten zusammen und verfügt über hervorragende Einrichtungen vor Ort. Beeindruckt hat mich auch die kooperative Atmosphäre, nicht nur innerhalb des BMC, sondern auch mit benachbarten Instituten wie dem Genzentrum der LMU, dem Helmholtz-Zentrum und sogar Biotech-Firmen. Einige der Enzyme, die wir untersuchen, wie zum Beispiel PDH, sind mit genetisch bedingten Stoffwechselstörungen assoziiert, so dass wir in München auch leichter mit klinischen Forschenden zusammenarbeiten können.

Was fasziniert Sie an Ihrer Forschung?

Die grundlegenden Mechanismen, die die Expression unserer Gene steuern, haben mich schon immer fasziniert. Während meiner Doktorarbeit und meiner Postdoc-Zeit habe ich mich aus verschiedenen Blickwinkeln mit der Regulation der Transkription beschäftigt. Einerseits habe ich untersucht, wie Zellen nicht-kodierende Transkription abschalten, und zur Identifizierung des Restriktionskomplexes in Säugetierzellen beigetragen. Gleichzeitig begann ich zu untersuchen, wie die Transkription aktiviert wird, wobei ich mich auf den Mediator-Komplex und seine unerwarteten Wechselwirkungen mit metabolischen Enzymen konzentrierte. Was mich jetzt wirklich begeistert, ist das neue Forschungsthema an der Schnittstelle von Chromatin und Stoffwechsel. Wir lernen, dass Enzyme, die man bisher nur in Mitochondrien vermutete, auch im Zellkern wirken können, wo sie Acyl-CoAs produzieren und Chromatin und Transkription direkt beeinflussen. Dieser Forschungszweig verbindet meine langjährige Faszination für die Genregulation mit einer völlig neuen Ebene der Kontrolle. Es gibt immer etwas Neues zu lernen oder zu überdenken, und ich liebe es, wie dieses Gebiet unser Verständnis selbst der grundlegendsten zellbiologischen Prozesse immer wieder in Frage stellt.

Mit welchen Methoden wird Ihr Team diese Mechanismen untersuchen?

Wir werden einen multidisziplinären Ansatz verfolgen, der Genomik, Proteomik, Metabolit-Profiling und fortgeschrittene Bildgebung kombiniert, um zu untersuchen, wie nukleäre Stoffwechselenzyme zur Transkriptionsregulation beitragen. Als wichtigstes Modellsystem werden wir Makrophagen verwenden, da sie bei Stimulation schnelle und koordinierte Veränderungen in Transkription und Metabolismus zeigen. Zusätzlich zu den funktionellen Studien wollen wir die biochemische und strukturelle Organisation der wichtigsten nukleären Proteinkomplexe untersuchen, die an diesen Prozessen beteiligt sind.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Forschungsgebiet?

Eine Herausforderung ist, dass viele der Enzyme, die wir untersuchen, für den mitochondrialen Stoffwechsel essentiell sind. Daher ist es schwierig, ihre Rolle im Zellkern zu untersuchen, ohne ihre Hauptfunktion in der Zelle zu stören. Außerdem sind sowohl der Mediator-Komplex als auch die Stoffwechselenzyme, an denen wir arbeiten, sehr große und dynamische Proteinansammlungen. Das macht es schwierig, sie zu manipulieren und zu untersuchen, insbesondere wenn wir ihr Verhalten im Zellkern erfassen wollen. Um Metaboliten im Zellkern zu messen oder zu verstehen, wie sie lokal auf das Chromatin wirken, sind ebenfalls Instrumente und Ansätze erforderlich, die sich noch in der Entwicklung befinden. Trotz dieser Herausforderungen ist das Gebiet unglaublich spannend. Es gibt noch so viel zu entdecken, und dieses Gefühl, etwas Neues zu erforschen, motiviert mich.

Sie rekrutieren derzeit Mitarbeitende für Ihre neue Forschungsgruppe. Was können neue Teammitglieder erwarten, wenn sie sich Ihrer Gruppe am BMC anschließen?

Mein Ziel ist es, ein Labor zu schaffen, in dem man sich unterstützt und inspiriert fühlt und in dem man wirklich gerne Wissenschaft betreibt. Teil meiner Gruppe zu sein bedeutet, Teil eines kollaborativen Umfelds zu sein, in dem Ihre Ideen wichtig sind und in dem Sie ermutigt werden, sich weiterzuentwickeln - nicht nur technisch, sondern auch als Wissenschaftler im weiteren Sinne. Jeder wird sein eigenes Projekt haben, aber wir werden als Team eng zusammenarbeiten und Herausforderungen und Erfolge teilen. Gleichzeitig profitieren die Teammitglieder von einem äußerst stimulierenden wissenschaftlichen Umfeld. Das BMC bietet Zugang zu hochmodernen Core Facilities und enge Verbindungen zu Experten in Molekularbiologie, Biochemie, Strukturbiologie und mehr. Teil dieses lebendigen und internationalen Campus zu sein, bedeutet auch, dass man viele Möglichkeiten hat, sich auszutauschen, zusammenzuarbeiten und sein eigenes wissenschaftliches Netzwerk aufzubauen, sowohl vor Ort als auch darüber hinaus. Ich hatte das Glück, wunderbare Mentoren zu haben, und das möchte ich gerne weitergeben. Wenn Sie also neugierig und motiviert sind und einen Ort suchen, an dem Sie lernen, einen Beitrag leisten und Teil eines freundlichen und enthusiastischen Teams sein können, dann könnte dies der richtige Ort für Sie sein.

Interessiert?

Die Arbeitsgruppe Russo hat derzeit drei Stellen zu besetzen (Doktoranden-, Assistenz- und Postdoc-Stellen). Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Karriereseite.