G-BA Projekte

Der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fördert seit dem Jahr 2016 Projekte, die innovative Ansätze für die gesetzliche Krankenversicherung erproben und neue Erkenntnisse zum Versorgungsalltag gewinnen wollen.

G-BA Neue Versorgungsformen

Unter neuen Versorgungsformen im Sinne des Innovationsfonds versteht man Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen. Gefördert werden Modelle, welche die sektorenübergreifende Versorgung weiterentwickeln und Ansätze enthalten, die Trennung der Sektoren zu überwinden, sowie solche, die innersektorale Schnittstellen optimieren.

Aktuell werden folgende G-BA-Projekte zu neuen Versorgungsformen mit Sprechschaft an der Medizinischen Fakultät gefördert:

WELCOME
Digitale, videogestützte Überleitung in die poststationäre Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit erhöhtem pflegerischen Nachsorgebedarf
Sprecher
Prof. Dr. Uli Fischer
Einrichtung
Pflegedirektion – Stabsstelle Klinische Pflegeforschung und Qualitätsmanagement
Förderung
2023 bis 2026
Webseite
Projektbeschreibung auf der Webseite des G-BA
Themen
In Deutschland kommt etwa jedes zehnte Kind zu früh zur Welt. Mehr als 15 Prozent dieser Frühgeborenen werden in spezialisierten Kliniken, meist auf Intensivstationen, versorgt. Dürfen diese Frühchen das Krankenhaus verlassen, haben viele von ihnen noch einen besonderen Pflegebedarf: Ihre Eltern müssen bestimmte Vitalwerte beobachten und sich fachgerecht um Sonden, Katheter oder auch Wunden kümmern. Das Risiko für Komplikationen ist groß und oft prägen Ängste und Unsicherheiten den Alltag der Familien. Bestehende Hilfsstrukturen wie die sozialmedizinische Nachsorge oder die Hebammenhilfe reichen häufig nicht aus, so dass den Betroffenen oft nur der Weg zurück ins Krankenhaus bleibt.
Die Partner im Projekt WELCOME möchten die Frühgeborenen-Nachsorge beim Übergang ins eigene Zuhause verbessern und die Familien aus der Fachklinik heraus unterstützen. Kernstück der neuen Versorgungsform ist eine App. Über diese können die Eltern das bereits vertraute, hochspezialisierte Klinikpersonal in Videosprechstunden und per Chat erreichen. Auch Gesundheitsparameter können hierüber dokumentiert und ausgetauscht werden. Zusätzlich können sich die Eltern im Wissens- und Austauschportal der App über die richtige Versorgung der Neugeborenen und wohnortnahe Unterstützungsangebote informieren oder mit anderen Betroffenen vernetzen.
Ob sich das digitale Angebot eignet, die Häufigkeit von Komplikationen und die Wiederaufnahmen ins Krankenhaus zu verringern, untersuchen die Projektbeteiligten in einer Studie mit ca. 230 Frühgeborenen. Überprüft wird dabei auch, ob sich die betroffenen Eltern in der häuslichen Umgebung handlungssicher fühlen und mehr Selbstvertrauen aufbauen. Zudem beobachtet das Projektteam, wie gut die Implementierung des neuen Angebots in den Versorgungsalltag gelingt und welchen Effekt es auf die Versorgungskosten hat. Das Projekt wird für vier Jahre mit insgesamt ca. 5,8 Millionen Euro gefördert.
Im Erfolgsfall kann das Nachsorgeangebot für Frühgeborene um eine telemedizinische Begleitung der Familien erweitert werden. Dies wäre nicht zuletzt in strukturschwachen Regionen ein Zugewinn.

Quelle: G-BA
OptiNIV
Optimierung der nachklinischen Intensivversorgung bei neurologischen Patienten
Projektleiter
Prof. Dr. Andreas Bender
Einrichtung
Neurologische Klinik und Poliklinik
Förderung
seit 2021
Webseite
Projektbeschreibung des GBA
Themen
Derzeit sind in Deutschland ca. 30.000 Menschen auch nach einer stationären intensivmedizinischen Behandlung auf eine maschinelle Beatmung oder einen dauerhaften Zugang zur Luftröhre (Trachealkanüle, TK) angewiesen. Die Versorgung dieser Patientinnen und Patienten erfolgt durch außerklinische Intensivpflege (AIP) und ist mit hohen Kosten verbunden. Insbesondere neurologische Patientinnen und Patienten, z. B. nach einem Schlaganfall, könnten jedoch ein großes Potenzial haben, sich langfristig zu erholen und erfolgreich von Beatmung/TK entwöhnt zu werden. Dieses Erholungspotenzial wird derzeit aber nur bedingt ausgeschöpft, weil koordinierende-rehabilitative Strukturen und Prozesse im ambulanten Bereich fehlen. Hier soll OptiNIV Abhilfe schaffen.
Das Projekt entwickelt und evaluiert neue Diagnostik- und Behandlungspfade an der Schnittstelle von stationärer, neurorehabilitativer und AIP-Versorgung. Ambulante Experten-Teams betreuen und behandeln die Patientinnen und Patienten regelmäßig zu Hause. Studienzentren in Schwerpunktkliniken der neurologischen Frührehabilitation koordinieren die Behandlungsmaßnahmen und übernehmen das Fallmanagement. Ein fachübergreifendes Assessment identifiziert das individuelle Entwöhnungspotenzial der Patientinnen und Patienten. Die Entwöhnung von maschineller Beatmung/TK erfolgt dann ggf. während einer stationären neurologischen Intervallrehabilitation.
Die auf ein Jahr angelegte Studie mit 173 neurologischen AIP-Patientinnen und -Patienten soll den Erfolg bei ihrer Entwöhnung von der maschinellen Beatmung/TK ermitteln. Dazu wird die Studiengruppe (115 Patientinnen und Patienten mit OptiNIV) mit einer Kontrollgruppe (58 Patientinnen und Patienten mit Regelversorgung) verglichen. Zudem analysieren die Forschenden die Kosten des neuen Behandlungspfads im Vergleich zur Standardbehandlung. Das Projekt wird für vier Jahre mit ca. 5,3 Millionen Euro gefördert.
Im Erfolgsfall müssen nach Projektabschluss weniger Patientinnen und Patienten maschinell beatmet oder mit einer Trachealkanüle versorgt und in der AIP betreut werden. Für die Betroffenen ist damit eine Verbesserung an Lebensqualität und gesellschaftlicher Teilhabe verbunden.

Quelle: GBA
FLS‐CARE
Fracture Liaison Service (FLS) zur Implementierung einer integrierten Versorgungsstruktur zu Vermeidung von Osteoporose‐bedingten Folgefrakturen
Projektleiter
Prof. Dr. Wolfgang Böcker, Prof. Dr. Christian Kammerlander
Einrichtung
Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
Förderung
2020 bis 2024
Webseite
Projektbeschreibung des GBA
Themen
Im Jahr 2010 gab es in Deutschland 725.000 Osteoporose-assoziierte Knochenbrüche. Die Behandlungs- und Folgekosten beliefen sich auf ca. neun Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der Patienten erlitten nach dem ersten Knochenbruch (Fraktur) einen Folgebruch mit daraus resultierenden Krankenhausaufenthalten und Operationen. Studien zu Hüftfrakturen zeigen, dass zwischen 30 und 80 Prozent der Folgebrüche in den zwei bis vier Jahren nach dem ersten Bruch durch eine gezielte Osteoporose Therapie und wirksame Vorbeugemaßnahmen vermieden werden konnten.
Im Projekt FLS-CARE stellt ein Netzwerk aus Ärzten, Pflegekräften und Physiotherapeuten sicher, dass im Krankenhaus eingeleitete Maßnahmen gegen Frakturen in der ambulanten Versorgung fortgeführt werden. Die Überleitung der Patienten in den niedergelassenen Bereich wird durch eine Pflegekraft koordiniert. Diese begleitet und berät den Patienten, schult diesen in der Vermeidung von Stürzen und stimmt sich eng mit den behandelnden Ärzten ab. Unterstützt wird die Pflegekraft durch eine IT-Plattform. Etwa 800 Männer ab 60 und Frauen ab 50 Jahren mit Osteoporose-bedingter Hüft-Fraktur sollen in 24 Kliniken in die Studie eingeschlossen werden. In zwölf Kliniken nehmen die Patienten an der neuen Behandlungsform teil. In den zwölf anderen Kliniken erhalten sie die Standardversorgung. Für beide Patientengruppen wird verglichen, wie oft es zwei Jahre nach der Hüft-Fraktur zu einer weiteren Fraktur gekommen ist. Das Projekt wird für 59 Monate mit insgesamt ca. 3,2 Millionen Euro gefördert.
Im Erfolgsfall können durch FLS-CARE die Häufigkeit von Folgebrüchen und Stürzen verringert und die Behandlungskosten gesenkt werden. Gleichzeitig soll die Anzahl der Patienten, die eine Osteoporose-therapie erhalten und diese befolgen, gesteigert werden. In der Konsequenz kann dies zu einer geringeren Sterblichkeit und höheren Lebensqualität der Osteoporose-Patienten führen.


Quelle: GBA

G-BA Versorgungsforschung

Versorgungsforschung hat die Aufgabe, wissenschaftliche Grundlagen für Lösungen zur Gestaltung, Organisation und Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens zu schaffen. Versorgungsforschung wird hier verstanden als die wissenschaftliche Untersuchung der Versorgung des Einzelnen und der Bevölkerung mit gesundheitsrelevanten Produkten und Dienstleistungen unter Alltagsbedingungen.

Aktuell werden folgende G-BA-Projekte zur Versorgungsforschung mit Sprechschaft an der Medizinischen Fakultät gefördert:

PARTNER
Interprofessioneller Behandlungspfad zum Patientenzentrierten deprescribing psychotroper, sedierender und anticholinerger Arzneimittel bei älteren Patienten mit Multimedikation
Projektleiter
Prof. Dr. Tobias Dreischulte
Einrichtung
Institut für Allgemeinmedizin
Förderung
2022 bis 2025
Webseite
Projektbeschreibung des GBA
Themen
Müssen Menschen gleichzeitig fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen, steigt damit das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Laut einer Studie von 2018 der Universitätskliniken Ulm, Fürth, Bonn und Stuttgart konnten z. B. 6,5 Prozent aller Fälle in Notaufnahmen darauf zurückgeführt werden. Gefährdet sind vor allem ältere Menschen, die über lange Zeit Arzneimittel einnehmen, die angstlösend und beruhigend, schlaffördernd und muskelentspannend wirken, also z. B. Hypnotika oder Opioide. In der Medizin sind diese unerwünschten Arzneimittelwirkungen bekannt, doch lässt der weiterhin verbreitete Einsatz bei älteren Menschen darauf schließen, dass eine Sensibilisierung für das Thema allein nicht ausreicht.
Das Projekt PARTNER möchte dazu beitragen, eine Fehl- und Überversorgung mit den genannten Arzneimitteln zu reduzieren. Eine Absetzung der Wirkstoffe bzw. Umstellung auf eine geringere Dosierung (Deprescribing) ist oft zeitaufwändig und erfordert Umsetzungshilfen für Hausarztpraxen, Apotheken sowie für die Betroffenen selbst.
Entsprechend sieht das Projekt einen Behandlungspfad vor, der eine Ausgabe von Schulungsmaterialen und die vertiefte Kooperation von Hausarztpraxen und Apotheken in Form eines Workshops mit Fallkonferenzen umfasst. Zudem erhalten Betroffene eine Broschüre zum Deprescribing, die sie zunächst mit ihrem Apotheker besprechen. Darauf aufbauend treffen Hausarzt und Patient gemeinsam eine Entscheidung über das Deprescribing. Wirksamkeit, Kosten, Nutzen und Zweckmäßigkeit der Maßnahme werden in zwei Gruppen mit jeweils 176 Patienten überprüft, wobei die Kontrollgruppe nur allgemein über Arzneimittelrisiken aufgeklärt wird. Das Projekt wird für 42 Monate mit insgesamt ca. 2,05 Millionen Euro gefördert.
Im Erfolgsfall zeigt das Vorhaben auf, ob die Übernahme der Maßnahme in die Regelversorgung wirksam, effizient und zweckmäßig ist und wie die Zusammenarbeit von Hausarztpraxen und Apotheken aussehen sollte, um das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen langfristig zu senken.

Quelle: GBA