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SARS-CoV-2 beeinträchtigt Lungenentwicklung von Feten

22. März 2022

Ein teilweise deutlich reduziertes Lungenvolumen – das haben Wissenschaftler und Ärztinnen des LMU Klinikums und von Helmholtz Munich mittels pränataler Magnetresonanz-Tomografie (MRT) bei Feten nachgewiesen, deren Mütter in der Schwangerschaft eine unkomplizierte SARS-CoV-2 Infektion durchgemacht haben. Diese Reduktion war besonders deutlich, wenn die Infektion im letzten Drittel der Schwangerschaft stattgefunden hatte. Die Daten wurden erhoben bevor eine Impfung gegen SARS-CoV-2 verfügbar war. Die Ergebnisse der Studie werden im Fachblatt Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.

fetale_mrt Mittels fetaler MRT lässt sich das Lungenvolumen bereits pränatal präzise bestimmen. (Bild: LMU Klinikum)

Die Forschenden um Prof. Dr. Sophia Stöcklein von der Klinik und Poliklinik für Radiologie des LMU Klinikums und Privat-Dozentin Dr. Anne Hilgendorff vom Zentrum für Comprehensive Developmental Care des LMU Klinikums und von Helmholtz Munich haben insgesamt 34 Schwangere respektive Feten mittels fetaler MRT untersucht. Die fetale MRT ist eine hochspezialisierte Untersuchungsmethode, die es ermöglicht, die Entwicklung fetaler Strukturen bereits vor Geburt detailliert zu untersuchen. Die Frauen hatten sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit der Alpha-Variante des Corona-Virus infiziert, bestätigt durch PCR-Test. Die Lungen der Feten wurden mittels Magnetresonanz-Tomografie vermessen, das Lungenvolumen bestimmt und mit Feten aus einer sogenannten Referenzkohorte verglichen, bei denen keine Infektion während der Schwangerschaft stattgefunden hatte.

„Die Feten von Schwangeren, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet waren, hatten insgesamt ein im Vergleich zur Referenzkohorte geringeres Lungenvolumen“, erklärt Sophia Stöcklein. Bei den Feten im dritten Trimenon war der Effekt besonders deutlich, mit durchschnittlich 69 Prozent des zu erwartenden Durchschnittswerts bei normaler Lungenentwicklung.

Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte der Transfer des Virus über die Plazenta in das Fruchtwasser und von dort in die fetale Lunge sein. „Dabei ist das dritte Trimenon in der Lungenentwicklung besonders durch die Reifung wichtiger Zellen an der Gasaustauschfläche gekennzeichnet“, erklärt Anne Hilgendorff, „sodass ein Kontakt dieser Zellen mit dem Virus eine Veränderung der Lungenentwicklung bedingen könnte.“

Aber: Den Neugeborenen ging es direkt nach Geburt gut; sie waren weder mit Atemnot noch mit anderen Anpassungsstörungen auffällig. Inwieweit das reduzierte fetale Lungenvolumen in der weiteren Entwicklung von Bedeutung sein könnte, wollen die Forschenden in Verlaufsstudien bis zum zweiten und fünften Lebensjahr der Kinder beobachten – mit Fragebögen zur Lungenentwicklung und potentiellen Lungenerkrankungen.

Generell sprechen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für weitere Studien zur Nachverfolgung von Kindern – auch im Hinblick auf ihre neurologische Entwicklung – aus, deren Mütter in der Schwangerschaft SARS-CoV2 positiv gewesen sind. „Unsere Studienergebnisse könnten als ein weiterer Faktor gesehen werden, der die Impfempfehlung für Schwangere bekräftigt“, erklären die Forschenden.

Titel der Originalarbeit

Stoecklein S, Koliogiannis V, Prester T, Kolben T, Jegen M, Hübner C, Hasbargen U, Flemmer A [...] Hilgendorff A
Effects of SARS-CoV-2 on prenatal lung growth assessed by fetal MRI
Lancet Respir Med 2022

Ansprechpartner

Prof. Dr. med. Sophia Stöcklein
Klinik und Poliklinik für Radiologie
LMU Klinikum München
089/4400-73251
sophia.stoecklein@med.uni-muenchen.de

PD Dr. med. Anne Hilgendorff
Geschäftsführende Direktorin Zentrum für Comprehensive Developmental Care (CDeCLMU)
iSPZ im Dr. v. Haunerschen Kinderspital
LMU Klinikum München

Group Leader „Mechanisms of Neonatal Chronic Lung Disease“
Institute for Lung Health and Immunity Helmholtz Munich

089/552734-0

Quelle: LMU Klinikum