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PRONIA-Projekt soll Prognosemodelle für psychotische und affektive Störungen entwickeln

27, September 2018

Die Psychiatrie verfügt nach wie vor über keine Prädiktionsmodelle, um das Risiko für beeinträchtigende Erkrankungsverläufe affektiver und psychotischer Störungen möglichst früh vorhersagen und damit präventiv behandeln zu können. Das vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität koordinierte PRONIA-Projekt ("Personalised Prognostic Tools for Early Psychosis Management" / www.pronia.eu) hat sich zum Ziel gesetzt, Prognosemodelle für psychotische und affektive Störungen auf Grundlage maschineller Lernverfahren zu entwickeln. Nun ist ein erster Artikel des PRONIA-Konsortiums in der Fachzeitschrift "JAMA Psychiatry" veröffentlicht worden.

koutsouleris_nikolaos Die Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Nikolaos Koutsouleris konnten zeigen, dass prognostische Algorithmen eine genaue Einzelfall-Vorhersage von sozialen Funktionseinbußen ermöglichen. (Foto: LMU)

Die Arbeit greift dabei auf die klinischen Daten und Bildgebungsdaten von 236 Patienten mit Hochrisiko-Stadien psychotischer Erkrankungen oder mit Ersterkrankungen depressiver Störungen zurück. Die Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Nikolaos Koutsouleris, Leiter der Sektion Neurodiagnostische Verfahren in der Psychiatrie des LMU-Klinikums, konnten zeigen, dass prognostische Algorithmen eine genaue Einzelfall-Vorhersage von sozialen Funktionseinbußen ermöglichen (z.B. Schwierigkeiten Freundschaften zu pflegen oder eine Partnerschaft aufrechtzuerhalten). Die Vorhersage funktionierte unabhängig vom Herkunftsland, Alter (15-40 Jahre) und Geschlecht der Patienten mit einer Genauigkeit von bis zu 83% bei Hochrisiko-Patienten und 70% bei Patienten mit depressiver Ersterkrankung.

Prof. Koutsouleris: "Die Ergebnisse unserer Arbeit zeigen, dass es möglich ist, das Risiko für bleibende soziale und berufliche Funktionseinbußen auf der Ebene eines einzelnen Patienten feststellen zu können. Wenn sich das im klinischen Alltag bewahrheitet, wird eine personalisierte und rationale Therapieplanung in der psychiatrischen Therapie ermöglicht: Patienten mit hohem Risiko könnten intensiver behandelt werden, um das Risiko zu minimieren. Gleichzeitig würden Patienten mit geringem Risiko nicht ´über-therapiert´ und unnötigen Behandlungsrisiken ausgesetzt werden. Auf der Ebene der Gesundheitsökonomie würde dies wiederum bedeuten, dass mit den gleichen therapeutischen Ressourcen wesentlich mehr Patienten präventiv behandelt werden könnten als dies bisher der Fall ist."

Die nächsten Schritte hin zu einer klinischen Anwendung sind groß angelegte Validierungsuntersuchungen, in denen die von PRONIA entwickelten prädiktiven Modelle in der klinischen Praxis erprobt werden sollen. Hierbei wird sich zeigen, ob quantitative Modelle effektiv schlechte Erkrankungsverläufe psychotischer und affektiver Störungen verhindern können.

Titel der Originalarbeit

Nikolaos Koutsouleris, Lana Kambeitz-Ilankovic, Stephan Ruhrmann; et al.
Prediction Models of Functional Outcomes for Individuals in the Clinical High-Risk State for Psychosis or With Recent-Onset Depression - A Multimodal, Multisite Machine Learning Analysis
JAMA Psychiatry 2018; 10:Article number 2165

Quelle: LMU