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Mensch, nicht Maus

13. Oktober 2017

Ein Team um den LMU-Forscher Veit Hornung hat einen Mechanismus entschlüsselt, mit dem humane Zellen Entzündungsreaktionen gegen fehlplatzierte DNA auslösen. Dabei zeigten die Wissenschaftler, dass sich der Signalweg von dem der Nagetiere unterscheidet.

In den Zellen höherer Organismen befindet sich das Erbmolekül DNA normalerweise ausschließlich in abgegrenzten Zellorganellen, hauptsächlich im Zellkern. Kommt DNA im Zytoplasma des Zellkörpers vor, ist das für den Organismus immer ein Alarmzeichen: Oft stammt sie aus Infektionen mit Bakterien oder Viren, aber auch degenerative Zellschäden können zur Freisetzung von DNA führen. Solche Zellschäden können beispielsweise durch Traumata ausgelöst werden, aber auch durch zahlreiche Erkrankungen oder Alterungsprozesse. LMU-Wissenschaftler um Professor Veit Hornung vom Genzentrum der LMU haben die Mechanismen untersucht, wie das angeborene Immunsystem in menschlichen Zellen als Reaktion auf fehlplatzierte DNA Entzündungsreaktionen in Gang bringt. In der Regel sind solche Erkennungsmechanismen evolutionär konserviert, dennoch deckten die Forscher einen grundsätzlichen Unterschied zur Maus auf. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachjournal Cell.

human_embry_nierenzellen Humane embryonale Nieren-Zellen. Im umstimulierten Zustand (links) befindet sich STING (grün) nicht am Lysosom (magenta), daher überlappen die Farben nicht. Nach Aktivierung (rechts) wandert STING zu den Lysosomen und durch Überlappung von magenta und grün entsteht weiß. Bild: V. Hornung

DNA im Zytoplasma löst zwei unterschiedliche Abwehrstrategien aus: Zum einen wird eine antivirale Immunantwort angestoßen, durch die bestimmte immunstimulierende Botenstoffe – sogenannte Interferone – hochreguliert werden. Zum anderen wird auch einezweite Reaktionskaskade aktiviert, die Entzündungsreaktionen verursacht und zu klassischen Zeichen wie Fieber, Schwellungen und der Ansammlung bestimmter weißer Blutkörperchen führt. Bei dieser zweiten Reaktion spielt das sogenannte Inflammasom eine wichtige Rolle: Dieser Proteinkomplex bewirkt die Aktivierung des Botenstoffs Interleukin 1, der die weitere Entzündungsreaktion auslöst. „Uns interessiert, wie das Inflammasom fremde DNA erkennt und daraufhin die Entzündung in Gang gesetzt wird“, sagt Hornung. In früheren Studien konnte der Immunologe zeigen, dass in Zellen der Maus ein bestimmter DNA-bindender Rezeptor notwendig ist, um das Inflammasom anzuschalten.

„Unsere jetzige Studie zeigt, dass dieser Rezeptor bei menschlichen myeloiden Zellen keine Rolle spielt, da die Fremderkennung anders verschaltet ist“ sagt Hornung.Im Unterschied zur Maus wird in den menschlichen Zellen das Inflammasom durch den sogenannten cGAS-STING-Erkennungsmechanismus aktiviert, der auch für die antivirale Immunantwort gegen fremde DNA verantwortlich ist. Entscheidend ist dabei, dass unabhängig von der antiviralen Immunreaktion auch ein programmierter Zelltod ausgelöst wird. „Wenn der cGAS-STING-Signalweg über einen bestimmten Schwellenwert hinaus aktiviert wird, führt das Protein STING dazu, dass bestimmte Vesikel, sogenannte Lysosomen, zerstört werden“, erläutert Moritz Gaidt, PostDoc in Veit Hornungs Arbeitsgruppe und Erstautor der Studie. Da die Zelle diesen Prozess nicht überlebt, aktiviert sie das Inflammasom als Alarmsystem. „Die sterbende Zelle warnt also mithilfe der Entzündung ihre Nachbarzellen und sorgt dafür, dass Immunzellen angelockt werden“, sagt Hornung.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler tragen dazu bei, die Funktionsweise des humanen Immunsystems besser zu verstehen, und zeigen auch, dass Ergebnisse aus Modellorganismen nicht immer auf den Menschen übertragbar sind. „Unsere Studie zeigt beispielhaft, dass es sich lohnt, solche Reaktionskaskaden direkt im humanen System zu untersuchen“, betont Hornung.

Titel der Originalarbeit

Moritz M. Gaidt, Thomas S. Ebert, Dhruv Chauhan, Katharina Ramshorn, Francesca Pinci, Sarah Zuber, Fionan O’Duill, Jonathan L. Schmid-Burgk, Florian Hoss, Raymund Buhmann, Georg Wittmann, Eicke Latz, Marion Subklewe, Veit Hornung
The DNA Inflammasome in Human Myeloid Cells Is Initiated by a STING-Cell Death Program Upstream of NLRP3
Cell, 2017, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.cell.2017.09.039

Quelle: LMU (Text und Bildnachweis)